
Von einem Elefanten geküsst: Eine Begegnung in Botswana
Langsam schlängelt sich der graue Rüssel näher. Ich spüre das Gewicht auf der Schulter, den warmen Atem – und dann bekomme ich einen ganz sanften, leicht feuchten Kuss.
Mit dem Elefantenkuss endet ein Vormittag voller unglaublicher Erlebnisse mit der kleinen Elefantenfamilie von Doug und Sandi Groves.
Doug und Sandi Groves und der Beginn ihre kleine Elefantenfamilie
Doug Groves, ein Amerikaner, kommt für ein Filmprojekt in den 90er Jahren nach Südafrika. Nach dem Ende der Dreharbeiten ist er zwei Elefantenwaisen verfallen, Jabu und Thembi. Er entschließt sich, in Südafrika zu bleiben und sich um die beiden zu kümmern. Die junge südafrikanische Zoologin Sandi lernt das ungewöhnliche Trio kennen – und lieben. Als der Besitzer der Elefanten sie verkaufen möchte entschließt sich das Paar, die beiden zu adoptieren. Als dritter Elefant kommt Morula hinzu, die an den Jagdtourismus verkauft werden sollte.
Das Paar findet einen Ort für sich und ihre Elefanten in Botswana. Sie leben in einem Buschcamp. Nachts sind die Tiere in einem großen Gehege eingesperrt, tagsüber wandern sie durch den Busch, nehmen Schlammbäder und sind immer auf der Suche nach Nahrung. Sie führen also ein typisches Elefantenleben.
Sind die Dickhäuter mit ihren Adoptiveltern zusammen mag man fast meinen, dass es zahme Haustiere sind. Aufs Wort folgen sie und sind zutraulich. Ob wir uns ihnen auch alleine nähern dürfen, fragen wir. Nein! Denn bei all ihrer Liebenswürdigkeit sind es noch immer wilde Tiere, die unberechenbar sein können. Doug und Sandi aber haben sie als ihre Anführer, ja als ihre Eltern, akzeptiert, und ihnen vertrauen sie aufs Wort. Die beiden können ihr Verhalten interpretieren – und ihren Gästen so einen faszinierenden Einblick in die Welt der Elefanten geben.
Living with Elephants
Doug und Sandi haben 1999 eine Stiftung gegründet, Living with Elephants. Ihr Ziel ist es, das Verständnis für die Elefanten zu wecken und Einblicke in ihr Leben zu geben. Jedes Jahr werden Kinder der umliegenden Dörfer eingeladen, zwei Tage mit den Elefanten zu verbringen. Sie lernen die Tiere nicht als Bedrohung zu betrachten, wie das viele ihrer Dorfbewohner tun. Und auch Gäste der Baines‘ Camp und Stanley’s Camp haben die Chance, einen Vormittag mit den Tieren zu verbringen.
Ein Vormittag mit den Elefanten
Früh am morgen fahren wir zum Buschcamp der Elefantenfamilie. Sandi stellt uns die drei Tiere vor. Jabu, den Anführer, die ruhige Morula und die liebe Thembi. Erst einmal schauen wir den Tieren zu – wie sie fressen, gemütlich am Gras zupfen oder sich nach den höchsten Bäumen recken. Wir bekommen einen kleinen Einblick in das Leben von Elefanten – wie eine Herde strukturiert ist (ein Frauenclan), wie lange die Jungen bei ihren Müttern bleiben (junge Bullen verlassen die Herde, um dann alleine durch den Busch zu ziehen, die Weibchen bleiben zusammen) und wie die Tiere miteinander kommunizieren (Stimme, Rüssel, Ohren).
Dann dürfen wir den Kolossen näher kommen. Dürfen sie berühren, über die raue Haut fahren, einen Rüssel auf den Arm nehmen (ganz schön schwer!) und sie aus der Nähe beobachten. Was mich am meisten fasziniert, ist die ungemeine Sensibilität und Umsicht, mit denen die Tiere ihren Rüssel verwenden. Eine winzige Nuss können sie mit ihm aufnehmen.
Anschließend gehen wir mit den Tieren spazieren, dürfen sie sogar ein paar Meter am Rüssel führen – und machen unzählige Fotos.
Am Ende unseres Spaziergangs wartet ein Mittagessen im Busch auf uns. Wir bekommen ein tolles Buffet – die Elefanten frisches Grün. Und dann kommt er, der unvergessliche Moment – als ich von einem Elefanten geküsst werde.