
Ändert sich das Reiseverhalten durch Corona?
Corona ist für die Reisebranche der GAU. Die Pandemie gefährdet weltweit rund 120 Millionen Jobs im Tourismus. So sagt UN-Generalsekretär António Guterres „Die Krise ist ein massiver Schock für entwickelte Ökonomien, aber für Entwicklungsländer ist es ein Notfall“. Weniger die Frage, ob sich das Urlaubsverhalten ändert, als die Frage – welches Angebot werden wir nach Corona noch vorfinden – hat mich die letzten Monate umgetrieben.
Eine aktuelle Stimmungslage
Die Lust zu Reisen, das Bedürfnis nach Erholung und Tapetenwechsel ist ungebrochen. Der Wunsch, Deutschland und die EU verlassen zu dürfen, wächst. „Wir behelfen uns halt mit Reisen in die Nähe – aber möchten endlich wieder in exotischere Gefilde“, sagte kürzlich ein Gast zu mir.
Was sich verändert hat, ist das Sicherheitsbedürfnis. Nein, nicht das Bedürfnis nach einer sicheren Reise – das ist eine Selbstverständlichkeit. Es geht um die Planungssicherheit, die durch den oftmals nicht mehr nachvollziehbaren Schlingerkurs der Politik zerstört wird. Reisewarnungen werden über Nacht ausgesprochen – und dann erneut revidiert.
Ein Gros der Gäste hat keine Angst vor dem Virus – es ist die Angst vor über Nacht verhängten Einreise- und Quarantänebestimmungen und das Streichen von Flügen. Niemand möchte nach den Erfahrungen im März noch einmal im Ausland stranden. Und ich als Reiseveranstalterin möchte die beiden schlimmsten Wochen meiner Karriere ebenfalls nicht noch einmal durchleben müssen. Eine Reise kann ich nur mit gutem Gewissen planen wenn ich weiß, dass meine Gäste wieder wohlbehalten zurückkommen.
Dies führt aus verständlichen Gründen zu Buchungszurückhaltung und Last Minute Buchungen.
Die „Neuentdeckung“ Deutschlands?
Gerne wird als Reaktion auf die weltweiten Reisebeschränkungen über die „Neuentdeckung“ Deutschlands gesprochen – dabei aber vergessen, dass Deutschland schon immer die beliebteste Destination der Deutschen war. Und auch in diesem Jahr finden nur wenige „Neuentdeckungen“ statt – unverändert zieht es die Menschen nach Bayern oder an Nord- und Ostsee. So titelt die Süddeutsche ganz richtig „Overtourism ist durch Corona nicht vorbei – im Gegenteil“
Urlaub in Deutschland in 2020? Wenn dann nur jenseits der touristischen Ballungsgebiete, um den Menschenmassen zu entgehen.
Die Auswirkungen der ausbleibenden Touristen am Beispiel Afrika
Die Zurückhaltung eines jeden Gastes ist verständlich – die Folgen für die weltweite Tourismusindustrie sind verheerend.
Weltweit hängt jeder zehnte Job am Tourismus.
In Afrika unterstützt ein Mitarbeiter im Tourismus ungefähr zehn Familienangehörige. Hunger ist die Folge – und damit Wilderei. Verzweifelte Menschen töten für Nahrung verständlicherweise Antilopen und Zebras, die wir uns auf einer Safari so gerne anschauen. Der Erfolg von Naturschutzprojekten, die über Jahrzehnte mit Hilfe der Einnahmen aus dem Tourismus aufgebaut wurden, droht so innerhalb weniger Monate zunichte gemacht zu werden.
Schon haben die ersten Unterkünfte, wie etwa die Bird Island Lodge auf den Seychellen, für immer geschlossen. Zu unsicher war den Besitzern die Aussicht, das finanzielle Risiko nicht mehr tragbar.
Aber – Touristiker – gerade in Afrika – sind resilient. Die Aussicht auf eine Verbesserung der Lage lässt uns durchhalten. Jede Umbuchung einer bestehenden Reise auf das nächste Jahr macht uns Hoffnung. Kreative Spendenprojekte der Tourismusindustrie wie Ride4Rangers, sammeln Geld für den Naturschutz, damit unsere Gäste auch nach Corona das unberührte Afrika erleben können, von dem sie träumen.
Unsere Reisen waren schon immer „coronakonform“
Die typische „Genuss Tour“: eine Selbstfahrerreise durch Südafrika mit kleinen Boutiqueunterkünften, eine Fly In Safari in Tansania, Botswana oder Kenia und großzügige Resorts auf Mauriitus. Natur pur, Unterkünfte mit viel Privatsphäre. Massentourismus? Mir selber und meinen Gästen ein Graus. Von daher werden sich die Reiseformen vor- und nach Corona nicht ändern.
Was sich ändern wird, sind noch strengere Hygienekonzepte in den Unterkünften, die bereits jetzt vorbildlich erarbeitet wurden und während des langsamen Anlaufens des Tourismus getestet und eingeübt werden. Wie zum Beispiel in der Marataba Lodge in Südafrika.
Ändert sich das Reiseverhalten durch Corona?
Ich bin mir sicher, dass die Menschen nach Corona wieder reisen werden – vielleicht gar nicht so anders als vorher. Die einen werden unverändert Sonne und Strand, ja auch Party, genießen. Wir sehen ja die Partyauswüchse sogar in Zeiten der akuten Pandemie. Die anderen werden unverändert einen ruhigen, naturnahen Urlaub suchen – wie sie es auch vor Corona gemacht haben.
Doch wird die touristische Landschaft eine andere sein, viele Leistungsträger werden ein noch längeres Arbeitsverbot nicht überleben können.
Wir müssen alles daran setzten, dass so viele Hotels, Fluggesellschaften, Reiseveranstalter, Tourguides, Ranger wie möglich diese Krise überleben. Denn nur so werden wir auch nach Corona noch reisen können.
Weitere Gedanken zum geänderten Reiseverhalten durch Corona gibt es in der Blogparade von Hotel-Motion.
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